Unrecht angeprangert: Jetzt droht ihm ein Verfahren

doppelstab Nr. 31, 5. August 1993

Ein Basler Haftrichter hat gegen den Basler Wirtschaftsanwalt Peter Zihlmann Anzeige erstattet. Vorwurf: Zihlmann habe mit Indiskretionen im doppelstab Druck auf die Basler Justiz ausgeübt und somit gegen das Advokaturgesetz verstossen.

Auf Anweisung seines Mandanten Peter M. erteilte der Basler Anwalt Peter Zihlmann dem doppelstab Auskünfte zu einem Haftrichterentscheid. Peter M. hatte vier Wochen U-Haft kassiert, weil er im Verdacht stand, in einen Spielwarenladen eingebrochen und fünf ferngesteuerte Spielzeugautos gestohlen zu haben (siehe doppelstab vom 24. Juni).

Mit Erfolg legte Zihlmann am 15. Juni beim Appellationsgericht Beschwerde gegen diesen Entscheid ein. Der Appellationsrichter stiess nämlich am 28. Juni den Entscheid des Haftrichters um und stellte fest, dass Peter M. «unverzüglich» aus der Haft zu entlassen und mit 400 Franken zu entschädigen sei.

Dann kam der Hammer: Ebenfalls am 28. Juni ging beim Appellationsgericht die Anzeige des Strafgerichtspräsidenten und Haftrichters Christoph Meier gegen Anwalt Zihlmann ein. Meier: «Ich erachte es als höchst bedenklich, wenn via Presse während eines hängigen Verfahrens Druck auf die Organe der Justiz ausgeübt wird… Das Verhalten des Offizialverteidigers ist in höchstem Masse standeswidrig.»

Kopfschütteln dagegen beim angezeigten Peter Zihlmann: «Wo stehen wir mit unserer Meinungsäusserungsfreiheit? Der demokratische Rechtsstaat sollte auf solche Maulkorbbestimmungen gegenüber Rechtsanwälten verzichten. Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf, zu erfahren, wie bei uns Recht gesprochen wird.»

Falls Zihlmann tatsächlich die «Würde des Anwaltsstandes» und die «schuldige Achtung» gegenüber dem Gericht verletzt hat, drohen ihm schlimmstenfalls, so das kantonale Advokaturgesetz, bis zu 10000 Franken Busse oder ein Verbot der Anwaltstätigkeit im Kanton Basel-Stadt.

Willy Surbeck