doppelstab: privater Ombudsmann

doppelstab Nr. 10, 10.März 1994

Peter Zihlmann (56), bekannter Basler Strafverteidiger und Wirtschaftsanwalt, wird privater Ombudsmann. Menschen, die keinen Rechtsanwalt bezahlen können, will er zu ihrem Recht verhelfen. Und das zum Nulltarif.

«Der private Ombudsmann für jedermann unentgeltlich, der sich keinen Anwalt leisten kann, zur Durchsetzung schutzwürdiger Rechte gegenüber Unternehmungen oder Staat. Sprechstunden am Dienstag und Mittwoch oder nach Voranmeldung.»

So umschreibt der Rechtsanwalt Peter Zihlmann seine künftige Tätigkeit. Der Basler Advokatenkammer kündigte er seine Mitgliedschaft. Er wird künftig weniger im Gerichtssaal stehen, dafür wird er mehr beraten, für seine Klienten Abklärungen treffen, Beziehungen herstellen und Rechtsschriften verfassen.

Zihlmann, CVP-Mitglied, seit 14 Jahren ausserordentlicher Zivilgerichtspräsident: «In meinen 28 Jahren Anwaltstätigkeit habe ich gesehen, dass einzelne Menschen dem Staat oder Unternehmen macht- und hilflos gegenüberstehen.»

Finanziert wird Zihlmanns Tätigkeit durch eine Stiftung, die als letzter Wille eines verstorbenen Klienten gegründet wurde. Zihlmann: «Der Mann hatte Anspruch auf einen Geldbetrag in der Höhe eines grossen Vermögens. Ich war sein sechster Anwalt im jahrelangen Kampf um dieses Geld, welches ein Konzern nicht zahlen wollte. Durch einen aussergerichtlichen Vergleich zahlte das Unternehmen dann doch. Dieses Erlebnis bewog den Klienten, die Stiftung zu gründen.»

Nicht zufällig ist es Peter Zihlmann, der nun sein neues Firmenschild auf Ohnmächtige ausrichtet. Immer wieder trat er behördlichen Machtansprüchen entgegen. So gelang es ihm mehrmals erfolgreich, fragwürdige Urteile anzufechten. Mehrmals rief er mit Erfolg auch das Bundesgericht oder den Europäischen Gerichtshof an. Nicht immer zur Freude seiner Konkurrenz.

Im vergangenen Jahr eröffnete die Basler Advokatenkammer gegen Zihlmann ein Disziplinarverfahren. Grund: Er habe die «Würde des Anwaltsstandes und die Standesregeln verletzt», weil er im doppelstab öffentlich einen Haftrichterentscheid gegen einen Fixer kritisiert habe. Zihlmann konterte: «Die Würde eines Menschen besteht darin, dass er seine Meinung sagen darf und nicht darin, dass er einen Maulkorb tragen muss.» Und was sagt Basels staatlicher Ombudsmann über seine unerwartete Konkurrenz von privater Seite? Ombudsmann Andreas Nabholz: «Für mich ist der private Ombudsmann keine Konkurrenz. Im Gegenteil: Ich begrüsse ihn sehr. Wir können uns ergänzen.»

Willy Surbeck