Zur Sendung von Telebasel, 7 vor 7, vom 03.02.2003
Brief ans Strafgericht Basel-Stadt
Basel, 04. Februar 2003
TeleBasel-Sendung 7 vor 7
(Nachgefragt: Rededuell zum Thema Bussenumwandlung)
Sehr geehrter Herr Präsident
Auf Ihren Einwand, meine Kritik wegen der Umwandlung von Bussen in Haft sei kalter Kaffee, habe ich unter anderem entgegnet, dass ein Mann 1999 im Schällemätteli, der wegen umgewandelter Bussen eine Haftstrafe verbüsste, sich erhängt habe. Sie haben öffentlich in Abrede gestellt, dass dies in Basel geschehen sei. Ich hielt daran fest, dass es sich im 1999 im Schällemätteli ereignet habe. Ich habe diesen Vorfall in meinem Werk Justiz im Irrtum, Schulthess 2000, Seite 47 / 48 unter Quellenangabe dokumentiert. Ich sende Ihnen in der Beilage die entsprechenden Zeitungsartikel und Kommentare in der Basler Zeitung vom 16.02. sowie 20. und 21.02. sowie 26.02.1999. Es hat sich nämlich kurz daraufhin ein zweiter Suizid im Schällemätteli ereignet.
Ich bin besorgt zu sehen, wie Sie als Strafgerichtspräsident salopp über Fakten hinweg gehen, entweder vergesslich sind, verdrängen oder – was ich nicht annehmen kann – bewusst lügen. Jedenfalls möchte ich nicht mein Schicksal in die Hände von Personen gelegt sehen, die wie Sie und Ihre Kollegen nicht davor zurückschrecken, Beweise, die Ihnen nicht in den Kram passen, auf die Seite zu schieben. Wie wäre es gewesen, wenn Sie z.B. gesagt hätten: „ Das ist mir nicht bekannt“, oder „Daran kann ich mich nicht erinnern,“ oder dergleichen? Es geht um die Art, wie wir mit der Wahrheit und den Mitmenschen umspringen. Wenn ich Sie jetzt direkt angreife, tue ich dies ausschliesslich um Ihnen zu demonstrieren, wie leicht es ist, „die Wahrheit“ als Waffe gegen Mitmenschen einzusetzen. Ich weiss, dass auf derartige Weise schon unzählige Existenzen durch Richterspruch zerstört worden sind.
Ich für meine Person könnte es nie verantworten, über einen Menschen und sein Verhalten ein verbindliches und für ihn folgenschweres Urteil zu sprechen. Seien Sie daher vergewissert, sehr geehrter Herr Präsident, dass ich für Ihre Stellungnahme, die durchaus auch Ausdruck einer situativen Ungeschicklichkeit sein könnte, mein volles Verständnis aufbringe und Sie meines Mitgefühls und Respektes versichert sein dürfen.
Der Private Ombudsmann
Dr. Peter Zihlmann
Brief vom vorsitzenden Präsidenten des Strafgerichts Basel-Stadt
Basel, 20. März 2003
Bussenumwandlungen
Sehr geehrter Herr Dr. Zihlmann
Ich komme zurück auf unsere Zusammenkunft bei Telebasel vom 3.2.03 und möchte mich zunächst recht herzlich für das uns geschenkte Buch bedanken, welches mittlerweile seinen Platz in unserer Bibliothek gefunden hat.
Sodann möchte ich zum angesprochenen Suizid im Schällemätteli vom Februar 1999, welchen Sie in Ihrem Schreiben vom 4.2.03 dokumentieren, Stellung beziehen. Ich habe vor laufender Kamera nicht gesagt, dass es im Freiheitsentzug keine Suizide gibt. Mir war der tragische Fall vom Februar 1999 auch bekannt. Ich war jedoch der Meinung, dass es sich dabei um den normalen Strafvollzug gehandelt hat und nicht um eine Bussenumwandlung. In diesem Punkt irrte ich.
Zur ganzen Problematik der Bussenumwandlung kann ich Ihnen versichern, dass die Präsidentenkonferenz seit Jahren dieses Thema diskutiert und Verbesserungsvorschläge prüft und teilweise auch in die Praxis umsetzt. So haben wir vor einiger Zeit ein klares Merkblatt entworfen, welches jedem Beurteilten ausgehändigt wird, mit Angaben über Ratenzahlungen, Abverdienen der Busse und Umwandlungskriterien. Überdies haben wir mit dem Strafvollzug eine unbürokratische Praxis betreffend Abverdienen der Bussen eingeführt, die sich sehr bewährt hat. Weitere Schritte betreffend Erleichterung für die Bussenabzahlung oder Verzicht auf Umwandlung, welche Sie in Ihrem offenen Brief ebenfalls aufgegriffen haben, sind nicht ohne weiteres zu bewerkstelligen, da hier Bundesrecht die gesetzlichen Schranken liefert. Der Umwandlungssatz von Fr. 30.- pro Tag stösst auch bei uns auf Kritik, doch können wir diesen Satz nicht eigenmächtig abwandeln. Hier müssen wir wohl auf den neuen Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches warten, der in absehbarer Zeit in Kraft treten wird.
Schliesslich kann ich Ihnen versichern, dass in Härtefällen von einer Bussenumwandlung, wie dies im Gesetz vorgesehen ist, abgesehen wird. Voraussetzung für einen derartigen Entscheid ist allerdings, dass sich der Betroffene auch bei uns meldet und z.B. im Umwandlungsverfahren die entsprechenden Belege (Fürsorgeamt etc.) vorlegt. Häufig beobachten wir, dass sich der Betroffene gar nie meldet und uns somit dessen möglicherweise desolate soziale Situation verborgen bleibt.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Zeilen auch unsere Situation näher gebracht zu haben und danke Ihnen für Ihr Verständnis.
Vorsitzender Präsident