Sieben Schüsse und ihr Nachspiel

Sonntagszeitung; 18. Februar 2007

Sechseinhalb Jahre hinter Gitter. Eine milde Strafe für jemanden, der einen Menschen «aus nichtigem Grund» umgebracht hat. So bewertete das Strafgericht Basel die Tat. Für Peter Zihlmann, Ex-Gerichtspräsident in Basel, Rechtsanwalt im Ruhestand und mehrfacher Buchautor, war das Strafurteil der Anfang seiner Recherchen in eine fremde Welt in Kleinbasel. Am Ende steht das Buch: Basel-Pristina.

In einer klaren und engagierten Sprache schildert Zihlmann die Umstände einer Tat, die erschreckt und überfordert.

Sechseinhalb Jahre Zuchthaus. Das ist die Strafe für eine Frau, zur Tatzeit 38-jährig, wohnhaft in Kleinbasel. Heute lebt die vierfache Mutter in Pristina, Kosovo. Zwischenzeitlich lebte sie fünf Jahre lang im Frauengefängnis Hindelbank – nachdem sie sieben Schüsse auf den Schwiegersohn abgefeuert hatte. Dieser, 27-jährig, hatte die 18-jährige Tochter der Täterin jahrelang misshandelt, unterdrückt und kaputtgemacht. Nicht nur sein Leben endete mit den sieben Schüssen. Auch das Familienleben der Mutter ist seither zerstört.

In fünf Erzählungen beschreibt Zihlmann eine Blutrache. Er traf die Tochter der Täterin und deren Ehemann und lässt die beiden ausführlich zu Wort kommen. Der Autor unterhielt sich auch mit der Ex-Frau des Opfers, einer Bernerin mit italienischen Wurzeln, die der Täterin zum Mord gratuliert.
Und Zihlmann hat zahlreiche Gerichtsdokumente studiert.

Zitate aus diesen amtlichen Dokumenten bezeugen eine Staatsmaschinerie, die, wenn sie einmal rollt, kaum mehr zu stoppen ist. Die Basler Einwohnerdienste weisen die Frau zwei Monate nach ihrer Haftentlassung nach Kosovo aus. Das Strafgericht hatte zuvor explizit darauf verzichtet. Noch bevor die Beschwerde der Familie gegen die Ausweisung das Bundesgericht erreichte, war die Frau schon ausgewiesen. Das Verfahren vor Bundesgericht wurde damit «gegenstandslos», wie die höchsten Richter in Lausanne entschieden.

Heute lebt die Mutter in einem Hotel in Pristina und versteckt sich vor der Opferfamilie. Dabei, so der Buchautor, hätte das Strafgericht durchaus auf Notwehr erkennen können. Und damit auf Straffreiheit.

Jean François Tanda