Patient P.: Lausanne schreitet ein

Basler Zeitung, 22.02.2001

Wie David gegen Goliath kämpft Patient P. noch immer um seine Selbstbestimmung. Nun ist das Bundesgericht in Lausanne eingeschritten. Am Weihnachtssonntag wurde P. in die PUK eingeliefert. Am 4. Januar bestätigt die Psychiatrische Rekurskommission (PRK) die Zwangseinweisung. Seither hat Patient P. nicht locker gelassen. Zusammen mit seinem Anwalt Peter Zihlmann legte er gegen die PRK vor dem Bundesgericht Berufung ein. Er hat einen Minisieg errungen. Lausanne verbot der PUK, P. weiterhin unter Zwang Medikamente zu verabreichen.
Aber: Die Verfügung des Bundesgerichts greift keinem Urteil vor. Es ist möglich, dass die Richter schliesslich entscheiden werden, dass die PUK-Ärzte Recht hatten, Patient P. unter Zwang Neuroleptika zu verabreichen. Doch wenn die Persönlichkeitsrechte einer Person auf dem Spiel stehen, schreitet Lausanne oft vorsorglich ein. Das endgültige Urteil wird nicht vor April erwartet.
Bis dahin könnte P. längst wieder auf freiem Fuss sein. Die PRK Basel-Stadt hat nämlich schon im Januar der PUK beschieden, dass P. bis spätestens 28. Februar in einer geschlossenen Abteilung festgehalten werden darf. Für Patient und Anwalt stellt sich nun die Frage, ob dieser FFE (Fürsorgerischer Freiheitsentzug) überhaupt noch Sinn macht, wenn den PUK-Ärzten die wichtigste Therapiemethode genommen ist.
Asmus Finzen, der stellvertretende ärztliche Leiter der Klinik, erklärte gegenüber der BaZ, das Lausanne-Urteil berühre die Frage der Unterbringung nicht. Er liess sogar wissen, die PUK stelle bei der PRK einen Antrag auf Verlängerung des FFE. Finzen hoffe jetzt auf ein rasches Urteil des Bundesgerichts. Stimmt die PRK einer Verlängerung zu, wird Patient P. noch wesentlich länger – wenn auch ohne Zwangsbehandlung – in der geschlossenen Abteilung R4 bleiben müssen. Aber warum hat Zihlmann nicht gleich den FFE (statt nur die Zwangsmedikamentierung) beim Bundesgericht eingeklagt? «Ich musste mich auf den Sachverhalt mit der grössten Durchschlagskraft beschränken», sagt der Anwalt. Die Erfolgsaussichten seien so einfach besser gewesen. «Ich kann mir ja gar nicht vorstellen, dass die PRK den FFE verlängern wird», sagt Zihlmann. «Für mich wäre es absurd, wenn die PRK den FFE verlängern würde, obwohl der Patient in der PUK nicht länger behandelt werden kann. Wenn die PUK nicht mehr Medikamente verabreichen kann, so ist doch die FFE nichts weiter als eine Freiheitsberaubung. In dem Fall müsste ich natürlich Berufung einlegen.» Falls Patient P. entlassen wird, möchte er sich um einen geschützten Arbeitsplatz bemühen.

Matthias Wyssmann