«Entlassung war richtig»

Baslerstab, 02. Mai 2005

Der Basler Justizkritiker hat ein Buch über Dieter Behring geschrieben.

Nach 188 Tagen in Untersuchungshaft wurde der Financier Dieter Behring vor einer Woche wieder aus der Haft entlassen. Der Basler Justizkritiker Peter Zihlmann hat nun ein Buch über den Aufstieg und den Fall des Basler Börsengurus geschrieben – erscheinen soll es im August.

Peter Zihlmann, Sie haben ein Buch über Dieter Behring geschrieben. Um was geht es?
Es geht um einen Finanzskandal und grössten Fall von Anlagebetrug. Die Behring-Kassen sind heute leer. Die Hauptereignisse im Buch finden zwischen 2002 und 2005 statt, ich greife allerdings auch auf frühere «krumme Touren» von Behring zurück.

Die Situation hat sich mit der Freilassung Behrings etwas verändert…
Ich muss die Akzente im Buch ein wenig verschieben, das stimmt. Allerdings bin ich – als Justizkritiker – erfreut über die Entlassung. Die bisherige kantonale Haftpraxis stimmte oft nicht mit den Grundrechten überein.

Wieso wurde aber Behring nun plötzlich entlassen?
Er hätte ja bereits – gemäss einem Entscheid des Bundesstrafgerichts in Bellinzona – früher entlassen werden sollen. Zuletzt war er unrechtmässig in Haft, nur stellte die Bundesanwaltschaft einen neuen Haftbefehl aus.

Es scheint, als wäre die Justiz leicht überfordert…
Absolut. Behring hat – so viel ich weiss – weder ein Geständnis abgelegt, noch weiss die Bundesanwaltschaft, wo das Geld, mindestens 800 Millionen Franken, ist. Anscheinend wurde er bis jetzt gar nicht mit seinen Partnern konfrontiert.

Früher oder später wird es aber trotzdem zum Prozess gegen Behring kommen. Was wird ihm zum Verhängnis?
Vorwerfen wird man ihm Betrug, Veruntreuung und wohl auch Geldwäscherei. Aber Leute wie er sind sehr clever. Er sagte niemals «Gebt mir Geld», sondern sprach von hohen Renditen. Gleichzeitig war er sehr widersprüchlich, was kurzfristig beurteilt eine positive Wirkung hatte. Er war ein echter «Guru», viele lagen ihm zu Füssen.

Ein «Wirtschaftsguru»?
Er hatte etwas Schillerndes und Charismatisches, man vertraute ihm. Gleichzeitig hilft es ihm, dass er nun nicht der alleinige Sündenbock ist. Seine Mitstreiter und Vermittler sind ebenfalls angeschuldigt und schieben sich zurzeit gegenseitig den Schwarzen Peter zu.

Behring selber wollte aber anscheinend nicht mit Ihnen sprechen.
Ich habe ihn nie getroffen. Allerdings bot ich ihm wiederholt die Möglichkeit, sich zu äussern. Gerne würde ich mit ihm sprechen.

Das Buch ist in den letzten fünf Monaten entstanden. Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen?
Die Idee kam von Benjamin Theile. Er zog sich aber bald wieder zurück. Also habe ich mich entschlossen, das Buch allein zu schreiben, sprach aber mit sehr vielen Beteiligten, Investoren, Zeugen und Experten. Die letzten Monate habe ich quasi vollamtlich mit Schreiben an diesem Projekt verbracht.

Wie soll das Buch heissen?
Ich habe zuerst den Titel «Der Guru, der aus Trimbach kam» bevorzugt, was dem Verlag aber nicht gefiel. Nun wirds wahrscheinlich «Der Börsenguru» heissen.

Was haben Sie in den letzten vier Monaten gelernt?
Ich habe realisiert, dass auch Dieter Behring nur ein Mensch bleibt und nicht zu einem Fall werden darf.

Interview: M. Conzelmann