Aufstieg und Fall des Basler Börsengurus Dieter Behring

Stadt-Zytig, 19. August 2005

Das Buch des Basler Rechtsanwaltes Peter Zihlmann über den gescheiterten Börsenguru Dieter Behring ist da. Am Montag, 22. August wird das Buch in der Buchhandlung Bider & Tanner an der Aeschenvorstadt 2 (Beginn 19.30 Uhr) der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Buch beschreibt anschaulich den Aufstieg und Fall eines Mannes, der schon früher in merkwürdige Geschäfte verstrickt war.

Peter Zihlmann ist es gelungen, ein Portrait zu zeichnen, das aufzeigt, wie ein schon früher pleite gegangener Versicherungsvertreter die Welt glauben machen konnte, er habe den «genetischen Code der Börse geknackt» und verfüge mit seinem selbst entwickelten Computersystem RICO (Real Input – Creative Output) über ein: Börsenvorhersage-Instrument, das die Menschen im Schlaf reicher mache.

Was dabei herauskam ist bekannt. Viele Leute vertrauten dem Behring-System. Rund 800 Millionen Franken Anlagegelder sollen dabei auf nicht näher geklärte Weise versickert sein. Behring selbst landete im Knast und wartet heute in Basel auf seinen Prozess.

Zihlmanns Buch, das vom Orell Füssli-Verlag herausgegeben wird, liest sich leicht und flüssig. Auf 231 Seiten beschreibt der einstige Strafverteidiger und private Ombudsmann, mit welcher Konsequenz Behring über Jahre sein System aufgebaut hat. Behring wird als umgänglicher, jovialer und Vertrauen erweckender Mensch geschildert. Behring hat die Finanzsysteme und die Psyche potentieller Anleger sehr genau studiert. Es ist ihm gelungen, die Schwachstellen der Anleger zu nutzen. Behring. hat es verstanden, sich im Laufe der Jahre mit der Aura eines Genies zu umhüllen. Unangenehme Fragen brauchte er nicht mehr zu beantworten. Wer dem Genie nicht glauben wollte, war selber schuld. Behrings geheimnisvolles System lockte die Anleger. Auf dem Höhepunkt seines Schaffens soll Behring ein Vermögen von 1,4 Milliarden Franken und ein jährliches Einkommen von 100 Millionen Franken deklariert haben.

Zihlmann gelingt es in seinem Buch aufzuzeigen, dass Karrieren, wie diejenige von Dieter Behring, ihren Nährboden im gesellschaftlichen Umfeld finden. Behring hat im Grunde genommen das getan, was Finanzinstitute mit ihren abstrakten Anlageinstrumenten weltweit tun. Sie bauen auf der Hoffnung der Anleger auf, möglichst schnell grosse Renditen auf das eingezahlte Kapital erzielen zu können. Dabei waren die Versprechen Behrings durchaus massvoll. Um das Vertrauen zu mehren, sprach er von eher kleinen Gewinnen und grosser Sicherheit, was ihn bei den Anlegern noch glaubwürdiger machte.

Zihlmann beschreibt auch, wie Behring selbst von renommierten Bankhäusern, wie der Bank Sarasin, hofiert wurde. Noch im Jahr 2004 wurde Behring von der Bank Sarasin und der UBS zum Basler Fondsforum eingeladen. Dieser Auftritt verhalf Behring zu ungeahntem Prestigegewinn. Die Bank Sarasin, so steht es im Buch «Der Börsenguru», habe mit den Behring-Produkten Geschäfte «im grossen Stil» betrieben.

Angesichts der enormen Steuersummen, die Behring an den Staat abgeliefert hat, sagt der Basler Rechtsanwalt Stefan Suter, Autor des Buches «Wirtschaftskriminalität» (Helbling & Lichtenhahn, Basel 2001) in Zihlmanns Buch:
«Die Steuerverwaltung des Staats kann das Delikt der Geldwäscherei nicht begehen. Gleichwohl bemächtigt sich das Gemeinwesen der Steuereinkünfte von Betrügern, Hanfladenbesitzern und Zuhältern. Während das Verstecken von 100 Franken Drogengeld als Geldwäscherei geahndet wird, streicht der Staat Millionenbeträge ein. Dies muss aufhören. Gerade wenn Geschädigte vorhanden sind, die ihre Forderung nicht zurückerhalten, ist aus den eingenommenen Steuereinnahmen die Entschädigung zu bezahlen. Der Staat kann nicht hohe moralische Werte von seinen Mitbürgern fordern (Verbot der Geldwäscherei) und selbst die entsprechenden Beträge für sich einkassieren.»

Wer wissen will, wie das «Phänomen Behring» entstand, findet in Zihlmanns Werk viele Antworten. Schade, dass Behring selbst nicht direkt zu Wort kommt.
Behring habe zwar über seine Anwälte signalisiert, dass er Zihlmann durchaus Rede und Antwort stehen würde, sagt der Buchautor. «Die Bedingungen, die Behring an ein solches Gespräch knüpfte, waren für mich unannehmbar», sagt Zihlmann.

Die öffentliche Vernissage für Zihlmanns Buch findet am Montag, 22. August (19.30 Uhr) in der Buchhandlung «Bider & Tanner AG» in der Aeschenvorstadt 2 statt. Zihlmann wird dabei das Buch, das 39 Franken kostet, persönlich signieren. Ob Dieter Behring auftauchen wird, stand zum Zeitpunkt der Drucklegung dieser Zeilen nicht fest.

Beat Alder