Kein Geld für Busse?

Basler Anwalt zahlt für Sie

Blick, 14. Mai 1997

bussenblickzahlt1BASEL – Der Basler Anwalt Peter Zihlmann (60) zahlt die Strafgelder seiner Klienten! Denn wer in Basel seine Bussen nicht begleicht, wandert nach der Betreibung in den Knast.

von Karin Müller

„So eire Blödsinn. Diese Leute sind nicht kriminell“, begründet der Rechtsanwalt und private Ombudsmann Zihlmann sein Schaffen.

Zum Beispiel die 25jährige Alice T.: Sie kassierte sieben Bussenzettel Wegen Überschreitung der angegebenen Parkzeit. Weil die allein erziehende Mutter in finanziellen Schwierigkeiten steckte, stellte sie die Bezahlung dieser Bussen in der Höhe von jeweils 20 bis 40 Franken zurück.

Da erhielt Alice dicke Post: 800 Franken Strafe plus 100 Franken Schreibgebühr. Dies entspricht, so Zihlmann, 27 Tagen Gefängnis. Kurz bevor die Frau samt Säugling ins Gefängnis musste, bezahlte Zihlmann Ihre Busse.

bussenblickzahlt2Oder Maria C. (22): Sie fuhr Trämli ohne Billett. „Wochen zuvor wurde ich bereits in der SBB aufgeschrieben, weil ich schwarzgefahren bin,“ erzählt die junge Frau. Sie habe einfach kein Geld mehr gehabt.

Die Kontrolleure der Basler Verkehrsbetriebe fackelten nicht lange. Maria: „Da ich nicht bar bezahlen konnte, brachte man mich zur Polizei.“ Dort wurde sie eingesperrt. Und das wegen einer Tramfahrt.

Drei Wochen hätte die Baslerin im Gefängnis harren müssen. Doch da eilte der Anwalt der kleinen Leute zu Hilfe. Peter Zihlmann: „Ich schickte meine Sekretärin mit dem Geld zum Gefängnis.“ 650 Franken kostete Marias Freiheit.

Warum tut Zihlmann das? „Weil es ein Verhältnisblödsinn ist, jemanden wegen einer Schwarzfahrt ins Gefängnis zu sperren.“ Auf mittelschwere Kriminalität reagiere die Justiz schliesslich auch nur mit bedingten Strafen.

Haftrichter Niklaus Benkler vom Strafgericht Basel-Stadt sieht das anders: „Wenn die Betreffenden die Strafe nicht bezahlen können, veranlassen wir keine Bussenumwandlungen.“

Aufgrund von Ängsten fristen oder falscher Obrigkeitsgläubigkeit würden die Leute ihre Einspruchsmöglichkeit aber nicht nutzen. Richter Benkler: „Wenn uns jemand einigermassen glaubhaft darlegt, dass er die Busse nicht bezahlen kann, wird eine andere Vereinbarung getroffen.“

Dass der Ombudsmann für Minderbemittelte die Bussen begleicht, kümmert den Strafrichter wenig: „Wichtig ist, dass bezahlt wird.“