Fall Behring demnächst in Buchform

Stadt-Zytig, 05. Mai 2005

Der gefallene «Börsen-Guru» Dieter Behring ist wieder auf freiem Fuss – und wartet auf seinen Prozess. Der Basler Rechtsanwalt und Buchautor Peter Zihlmann hat ein Buch über Behring geschrieben. Zihlmann hat Zweifel, ob Behring je verurteilt wird.

Ist Dieter Behring ein Anlagebetrüger, ein Schelm oder ein blosser Fantast? Peter Zihlmann mag sich nicht festlegen. Nach monatelangem Studium von Akten und Medienberichten, und nach Gesprächen mit Beteiligten kommt Zihlmann zu einem differenzierten Bild über den stets dunkel gekleideten Zweimetermann mit der ungewohnt dünnen Stimme. Es ist ein Bild mit farblichen Nuancen, die gesellschaftliche Kritik mit einschliesst.

Ausgerechnet Peter Zihlmann, ist man versucht zu sagen. Ausgerechnet jener Zihlmann, der mit seinem 1993 erschienenen Buch «Der Fall Plumey» landesweit für Aufsehen gesorgt hat. André Plumey hatte Anlagegelder in der Höhe von 200 Millionen Franken in den Sand gesetzt und galt in den Augen der Öffentlichkeit und der Justiz als Grossbetrüger. Zihlmann nahm sich des Falles an. Während Jahren kämpfte er für die Zeichnung eines anderen Bildes. Plumey, der Lebemann als Opfer und Naivling, der sich in ein System der Gierigen verstrickt hat und letztlich selbst Betrügern auf den Leim ging. Der Fall Plumey wurde mithin zum «Fall Zihlmann».

Der Basler Rechtsanwalt, der sich leidenschaftlich für Entrechtete und Schwächere stark machte, hat sich vor einiger Zeit zurückgezogen. Er lebt in Riehen und schreibt Bücher, die sich kritisch mit der Rechtspraxis auseinander setzen. Die «Ware Wahrheit» lässt den 66-jährigen Ruheständler nicht zur Ruhe kommen.
Inspiriert durch Dritte hat er innerhalb weniger Monate das Buch zum Fall Behring geschrieben. Ein zweiter Fall Plumey wird’s für Zihlmann nicht werden. «Die Fälle liegen völlig verschieden», sagt Zihlmann. «Während Plumey zum Vornherein von den Medien als Betrüger abgestempelt wurde, gingen die Medien mit Behring pfleglicher um.» Zuerst sei Behring von den selben Medien, von denen er später zerrissen wurde, hochgejubelt worden.

behringstadtzytig2Zihlmann sieht Behring nicht als Einzelmaske. Das System Behring sei ein System der organisierten Verantwortungslosigkeit, sagt Zihlmann. Viele hätten mit verdient.
Bei Plumey habe man gewusst, dass das meiste Geld in Erdöl geflossen sei. Bei Behring aber handle es sich förmlich um eine «Black Box».

Auf die Frage, ob Behring ein gerissener Betrüger sei, antwortet Zihlmann abweichend. Ganz Anwalt, sagt er: «Er ist wohl keiner der auszog, die Leute zu leimen. Behring hat wohl selbst an sein System geglaubt. Doch dieses angebliche System ist in erster Linie ein Vertriebssystem.» Nach Ansicht von Zihlmann hat sich Behring restlos überschätzt. Letztlich seien ihm seine Fantastereien aus dem Ruder gelaufen.
Zihlmann, der keine Gelegenheit hatte mit Behring persönlich zu reden, zweifelt ob Behring je rechtskräftig verurteilt wird.

Das würde, durchaus zum Phänomen Behring passen. Zihlmann dazu: «Das Phänomenale ist die starke Resonanz, die Behring auslöst und der Erfolg, den er bei den Leuten hatte.»
Zihlmanns Buch mit dem voraussichtlichen Titel «Der Börsen-Guru» soll im Herbst beim Orell Füssli Verlag erscheinen.

Beat Alder